Fällt es schwer ein Deutscher in Polen zu sein?

Andrea Halenka
Andrea Halenka
Die Antwort auf diese Frage liefern Teilnehmer der vom Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit organisierten Konferenz "Deutschtum in Polen - ein Problem der Scham oder der Angst".

Die Konferenz fand am Freitag und Samstag in Slawentzitz statt. Wir haben einige Teilnehmer gefragt: Bedeutet für euch persönlich ein junger Deutscher zu sein ein Grund zur Scham oder Angst? Den ersten Teil der Frage verneinten sie.

Wir sind stolz darauf, Deutsche zu sein, erklärten sie. Für ihre Generation ist seit dem Krieg und deutschen Verbrechen viel Zeit vergangen und es hat sich so viel verändert, dass die Lektüre von "Medaillons" oder andere Darstellungen der Naziverbrechen erschütternd, aber kein Grund zu Schuldgefühlen sind.

Dorota Pasierbińska (Familienname Klimas) ist Schlesierin von Geburt und Erziehung. Sie arbeitet als Handelsvertreterin in Oppeln. Sie sagt, dass Zuhause Dialekt gesprochen wurde. Diese regionale Verbundenheit hat sie zur deutschen Minderheit geführt. Sie hat aber auch Politikwissenschaften in Warschau studiert.

- Es ist nichts passiert, obwohl ich es nie verheimlicht habe, dass ich eine Deutsche bin - sagt Frau Pasierbińska. - Doch manchmal wurde geschmunzelt, meistens wenn mein schlesischer Akzent auffiel, aber ich habe mich nicht angegriffen gefühlt. Während der Fußball- Europameisterschaft 2012 habe ich offen gesagt, dass ich zwei Herzen habe, also feure die deutsche und polnische Mannschaft an.

Wenn die beiden Mannschaften miteinander spielen, habe ich die Garantie, dass "unsere Mannschaft" gewinnt. In Warschau und in Oppeln habe ich immer von meinem kulturellen Reichtum gesprochen. Ich möchte es auch an meine Familie weitergeben - mein Ehemann ist Pole. Dafür gibt es nur einen Weg: man muss klar und deutlich über die eigenen schlesische und deutsche Identität sprechen.

Frau Pasierbińska hat es in Warschau getan und macht es auch in Oppeln, obwohl in ihrer Firma weder Schlesier noch Deutsche arbeiten. - Ich hatte das Gefühl, dass die Teilnehmer des Symposiums beim Sprechen über die Angst Deutsche zu sein eher von den Erfahrungen ihrer Eltern und Großeltern, als über die eigenen berichtet haben - meinte sie. - Ich habe andere Erfahrungen - fügte sie hinzu.

- Die Großmutter sagte mir immer, dass ich "Blut nicht vermischen sollte". Ich habe nicht auf sie gehört. Und es hat mich bereichert. Natürlich, es gibt verschiedene Vorfälle: Beschmieren der zweisprachigen Ortsschilder oder Herunterreißen der deutschen Fahnen, aber es sind eben Vorfälle. Solche vereinzelte Vorfälle kommen auch auf der anderen Seite vor. Ich denke hier an den jungen Bewohner von Zembowitz, der auf der Außenwand seines Hauses: "Chadziaje do pieca" geschmiert hatte.

Wie so viele Schlesier, hat auch Dorota Pasierbińska zu Hause weder keinen deutlichen deutschen Patriotismus - und damit keine Kenntnis der deutschen Kultur und Literatur - noch den polnischen Patriotismus zu spüren bekommen.

- Aus dieser Perspektive war es nicht einfach, sich mit der Kriegsliteratur in der Schule zu beschäftigen - gesteht sie. Als Polen der Europäischen Union beigetreten ist, habe ich mit Erleichterung die Möglichkeit wahrgenommen, mich als Europäerin zu behaupten, weil das mein Deutschtum und meinen Schlesiertum vereint hatte.

Andererseits war ich mir der deutschen Kriegsverbrechen bewusst, aber auch der in der Volksrepublik Polen verschwiegenen russischen Verbrechen in Schlesien.
Alina Adamska ist 21 Jahre alt und studiert an der Gesangs-Schauspiel-abteilung der Musikakademie in Lodz. Sie stammt aus Zawadzki.

- Es ist manchmal eine Herausforderung seine Emotionen zu beherrschen, wenn man Sticheleien von Menschen zu hören bekommt, die keine Deutschen mögen. Ich wurde mit der Feindlichkeit konfrontiert. Nicht nur in Lodz. Auch in Oppeln, weil Menschen mit Vorbehalten gegenüber Deutschen eben überall wohnen.

Als Beweis führt Frau Adamska das Beispiel ihrer Freundinnen vom Oppelner Studentenheim, die versucht haben im Korridor deutsche Schlager zu singen. Die Erzieherin kam zu ihnen und hat es ihnen entschieden verboten. Sie hat verärgert gesagt, dass sie sich in einem polnischen Studentenheim keine deutsche Singerei wünscht. Sie verletzen ihre Gefühle, weil Deutsche ihre Großeltern ermordet haben.

Solche widerwilligen Haltungen kommen immer noch vor, doch zugleich öffnet sich Polen immer mehr auf andere Nationalitäten. Aggression kommt öfters im Internet als im wirklichen Leben vor, aufgrund der Anonymität im Netz.

Alina Adamska spricht an der Uni oder im Studentenheim laut davon, dass die Deutsche ist. Es passiert ein bisschen wider den Willen ihrer Eltern, die sie darum gebeten haben, nach Möglichkeit "den Mund zu halten".

- Es gab Situationen, dass wir trotz des jungen Alters als SS-Leute und Nazis beschimpft wurden. Oft war es einfach ein schlechter Scherz, es hat aber sehr wehgetan. Unsere Generation kann doch nicht für Hitler verantworten. Ich hatte nie ein solches Problem. Ich habe auch nie daran gezweifelt, dass Nazis, jene, die verschiedene Entscheidungen getroffen haben, böse Menschen waren. Aber es ist und sollte nicht der Grund dazu sein, jemanden mit einem Etikett zu versehen.

Deutsch spricht Alina oft und gerne auf der Strasse oder in der Straßenbahn. Auch mit ihrem polnischen Freund, der in Deutschland aufgewachsen ist und dort über 19 Jahre lebte. Sie gibt zu, dass dies mit einer Ausnahme eines offenbar feindlich gegenüber Deutschen eingestellten Mädchens, keine negativen Reaktionen hervorrief.

- Es sorgt eher für Neugier. Es wird auch oft die Frage gestellt, woher ich so gut Deutsch kann - sagt sie. - Wie kommt es, dass ich Deutsche bin, obwohl ich in Polen geboren bin. Ihr Deutsch verdankt sie ihrer Oma. Eben der Oma, weil sie es nicht erlaubt hatte sie "babcia"(Oma) zu nennen. Sie hat mich dazu ermutigt, Deutsch zu sprechen und die Sprache zu lernen. Sie war der Meinung, dass ich Deutsch genau so gut lernen könnte, wie sie gezwungenermaßen Polnisch lernen musste. Sie überzeugte mich daher davon, dass es sich lohnen würde Deutsch zu beherrschen. Am Anfang leistete ich Widerstand, war ziemlich stur. Mit der Zeit habe ich die Sprache gut gelernt.

Janusz Gorol ist 27 Jahre alt und wohnt in Kattowitz. Es macht kein Geheimnis daraus, dass es an Situationen, in denen die Tatsache ein Deutscher in Polen Befürchtungen weckt, nicht fehlt. Er erinnert an die Aggression, die Damian Hutsch wegen eines deutschen Schalls selbst erleben konnte. Er führt Aussagen des Vorsitzenden der Partei Recht und Gerechtigkeit Jarosław Kaczyński über die Schlesier als die getarnte deutsche Option an.

- Wenn Kryptodeutsche - sagt Herr Janusz - dann tarnen sie sich wohl, weil sie Polen an sich reißen wollen und die fünfte Kolonne bilden. Es fällt schwer sich wohl zu fühlen, wenn auch ich bei Diskussionen über Schlesiertum und politisches Leben als "Volksdeutscher", "Hakenkreuzer" usw. bezeichnet wurde. Ich fürchte, dass das Internet Haltungen offenbart, die es sich nicht gehört im wirklichen Leben zu zeigen.

Doch es bedeutet nicht, dass es sie nicht gibt. Das Ergebnis fällt dann so aus, dass Menschen Angst haben, ihr Deutschsein offen zuzugeben. Ich persönlich kenne Personen, die bei der Volkszählung keine deutsche oder schlesische Nationalität angegeben haben, weil sie Angst hatten, dass es jemand irgendwann gegen sie verwenden könnte.

Manche Aussagen der Teilnehmer des Marsches in Warschau - über das Aufhängen von Feinden - rufen Ängste hervor. Auch wenn es vereinzelte Stimmen sind. Herr Janusz beweist, dass es insbesondere in der Woiwodschaft Schlesien kein Klima der Akzeptanz für das Deutschtum gibt.

Er führt die Aussagen bezüglich der geplanten Ausstellung im Schlesischen Museum an. "Nicht nur Politiker, auch die Kirche warnt in der Wochenzeitung "Gość Niedzielny" vor Germanisierung", fügt er hinzu.

Damian Dudek ist Schlesier und Deutscher, studierte in Kattowitz und lebt seit 7 Jahren in Warschau.
- Ich leite eine Agentur, die Menschen mit Sprachenkenntnissen, vorwiegend Deutsch, wirbt - sagt er. - Ich habe nicht die Empfindung, dass die Tatsache Deutsche zu sein mit dem Gefühl der Angst oder der Scham verbunden ist. Ich habe mich an Fragen wie: Wenn du ein Deutscher bist, woher kannst du so gut Polnisch? gewöhnt. Doch mit Attacken mit historischem Hintergrund wurde ich tatsächlich nie konfrontiert - sagt Herr Dudek. - Die Warschauer, die ich treffe, sehen die Sache pragmatisch. Sie wissen, dass Deutsche viele Arbeitsplätze schaffen, dass sie zum gesellschaftlichen Umbruch, der sich in Polen ereignet haben, beigetragen haben.

Seiner Meinung nach bauen junge Warschauer, die zum Praktikum nach Deutschland fahren oder Deutschen im Urlaub in Spanien oder Tailand begegnen wirkungsvoll Vorurteile ab.

- Die Bestätigung gab es für mich während der EM 2012 - erzählt Damian Dudek. - Als ich gesehen habe, wie viele Polen auf der Fanmeile beim Spiel Deutschland-Italien die deutsche Mannschaft unterstützt haben und sich schwarz-rot-goldene Flaggen im Gesicht malten, war positiv überrascht.

Ich denke, dass es sogar im Internet weniger antideutsche Kommentare von frustrierten Leuten gibt. Polen beurteilen Deutsche pragmatisch. Das ist ein Grund zur Freude.

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