Die Initiative des Gedenkens der Opfer der Oberschlesischen Tragödie ging, ähnlich wie von einem Jahr, von den Sejmikabgeordneten der deutschen Minderheit aus. Der Fraktionsvorsitzende der DM und Vorsitzende der SKGD Norbert Rasch hat Ende Dezember 2011 dem Vorsitzenden des Sejmiks Bogusław Wierdak das Projekt des Beschlusses vorgelegt. Der Text war mit dem von Vorjahr identisch: Der Sejmik der Woiwodschaft Oppeln ehrt tausende unschuldige und wehrlose Bewohner Oberschlesiens, die ab Januar 1945 Opfer von Massenverbrechen der Roten Armee und des kommunistischen Machtapparats wurden: die Ermordeten, die in die UdSSR Deportierten, die Inhaftierten in Gefängnissen und Lagern. Mögen die Bewohner der Woiwodschaft Oppeln der Opfer jener Tragödie würdig gedenken.
Ein so formulieter Beschluss weckte von Anfang an bei einem Teil der Sejmikabgeordneten Bedenken. Unter anderem hat die Fraktion der Partei Recht und Gerechtigkeit gefordert, dass der Beschluss um den historischen Kontext erweitert werden sollte. Nach Meinung dieser Fraktion sollte auch daran erinnern werden, dass Deutschland unter Hitler den Zweiten Weltkrieg begonnen hat.
Am vergangenen Freitag, 13. Januar, haben die Fraktionsvorsitzenden aller politischen Parteien und Präsidiumsmitglieder über den Beschluss diskutiert. Bei diesem Treffen hat der Sejmikvorsitzende Bogusław Wierdak drei neue Versionen des Beschlusses vorgestellt.
"Nach Beratung mit Historikern und Soziologen habe ich den Kontext des Beschlusses um das erweitert, was sich ab 1939 und sogar davor zugetragen hatte und der Auslöser für die Ereignisse in Schlesien nach 1945 war", erklärte Wierdak. "Ich hoffe, dass wir uns auf dieser Basis bis 24. Januar, da findet nämlich die nächste Sejmiksitzung statt, über eine gemeinsame Erklärung einig werden."
Eines von diesen Entwürfen lautet im wesentlichen Teil folgend: &1 Der Sejmik der Oppelner Woiwodschaft ehrt die unschuldigen Opfer des Zweiten Weltkriegs, der vom "Dritten Reich“ begonnen wurde, das auf Grund des Molotow-Ribbentrop-Pakts in der UDSSR einen Verbündeten für seine Aggression fand und über den Krieg in Europa im Jahr 1939 entschied. &2 Der Sejmik der Oppelner Woiwodschaft ehrt die unschuldige und schutzlose Zivilbevölkerung des Oppelner Schlesiens, die Opfer von Verbrechen des Zweiten Weltkriegs wurde. &3 Der Sejmik der Oppelner Woiwodschaft empfiehlt den Bewohnern der Woiwodschaft, an die Opfer des Zweiten Weltkriegs zu erinnern.
Die nächste Version wurde im Paragraf drei um den Aufruf erweitert, dass dieser Beschluss ein Ausdruck von Solidarität und gegenseitigem Verständnis angesichts der schwierigen und schmerzvollen Erfahrungen mit den totalitären Regimes werden möge. Die dritte Version beinhaltet zusätzlich einen Paragrafen, in dem an die unschuldige und schutzlose, in Ostpolen ermordete Zivilbevölkerung gedacht wird. Dieser Punkt beinhaltet auch die Deklaration, dass das Gedenken an die Verbrechen der totalitären Systeme ein kollektives Gedenken sein und von allen gepflegt werden möge.
Die Vorschläge des Sejmikvorsitzenden wurden am Montag vom Präsidium des Vorstandes der SKGD.
"Nach gründlichen Überlegungen sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass keine von den nun vorgeschlagenen Versionen für uns annehmbar ist", sagt Norbert Rasch. "Der wichtigste Grund dafür lautet, dass im Beschlussprojekt zwar der historische Kontext eingefügt wurde, aber dafür der von uns vorgeschlagene Inhalt verschwunden ist. Es ist keine Rede von den Opfern der Oberschesischen Tragödie, sondern nur von Kriegsopfern allgemein. Aus dem Projekt sind auch die Täter: die Rote Armee und der kommunistische Sicherheitsapparat verschwunden. Angesichts einer solchen Situation werden wir dem Sejmikvorsitzenden die Einberufung einer Arbeitsgruppe von Vertretern aller Fraktionen vorschlagen, damit die Arbeiten an dem Projekt aufs Neue angefangen werden können.
Bernard Gaida, der Vorstandsvorsitzende des Verbandes deutscher Gesellschaften hofft, dass der Sejmik zu dem von der DM vorgeschlagenen Resolutionsentwurf zurückkehren wird. "Dieser nennt ausdrücklich Ereignisse und Opfer, deren wir gedenken möchten, ohne diese in verschiedenen allgemeinen Formulierungen zu verschleiern", so Gaida.
"Die Tragödie, der Unschuldige, vor allem Alte, Frauen und Kinder, in Schlesien zum Opfer gefallen sind, bleibt immer noch eine auf die Seite geschobene Tatsache", fügt Bernard Gaida hinzu. "Allgemeine Formulierungen der vorgeschlagenen Entwürfe reduzieren sie um den erzieherischen Charakter. Die Oberschlesische Tragödie ist immer noch eine Lücke im allgemeinen Bewusstsein der Einwohner dieser Region. Diese Lücke ist auf die vergangene Epoche zurückzuführen, als man von den Verbrechen der Roten Armee nicht sprechen durfte. Und leider bleibt diese Lücke weiter bestehen. Viele Bewohner der Region wissen von dieser Tragödie immer noch nichts und es sieht so aus, dass das weiterhin so bleibt."
Alle diese Schwierigkeiten schließen zum Glück nicht den Weg zur Entstehung eines gemeinsamen und für alle annehmbaren Beschlusses.
"Ich kann nur in meinem Namen sprechen, weil unsere Fraktion sich zu diesem Thema noch nicht getroffen hat", so Dariusz Byczkowski, der Fraktionsvorsitzende von Recht und Gerechtigkeit. "Ich denke, falls im Beschluss der historischer Kontext beibehalten wird, ist es möglich sowohl die Formulierung Oberschlesische Tragödie einzufügen als auch daran zu erinnern, dass die Täter die Rote Armee und der kommunistische Apparat waren. Ich finde, dass die Bewohner dieser Region das Recht auf eigenes Gedächtnis haben und über ihr Leid sprechen dürfen."
Gesprächs- und Kompromissbereitschaft erklärt auch Norbert Rasch. "Es wäre schlecht, wenn uns die Vergangenheit kurz vor der Haushaltsdebatte, der ja der Zukunft gewidmet wird, teilen sollte. Wenn es der Sache hilft, werden wir nicht auf einen Januartermin für den Beschluss pochen."
Für eine Modifizierung der von Bogusław Wierdak am Freitag vorgeschlagenen Texte spricht sich auch Dr. Danuta Berlińska, Soziologin und Kennerin der Minderheiten- und der deutsch-polnischen Problematik aus.
"Jeder dieser Texte beinhaltet Elemente, die schwer anzunehmen sind", meint Dr. Berlińska. "Ich denke hier z.B. an den Satz, dass das "Dritte Reich“ in der UdSSR eine Stütze für seine Aggression fand. Die beiden Staaten waren damals gleichgestellte und eng miteinander zusammenarbeitende Verbündete. Das Ersetzen der Opfer der Oberschlesischen Tragödie durch die Kriegsopfer im Allgemeinen setzt den Akzent überhaupt woanders. So als ob jemand die Außergewöhnlichkeit der Opfer der Oberschlesischen Tragödie nicht betonen möchte."
Doktor Berlińska schlägt vor, dass man von dem Projekt der deutschen Minderheit ausgehend, dieses um das Schicksal der Ostpolen erweitern könnte - Opfer von Deportationen und Verbrechen, die von der gleichen Roten Armee und dem kommunistischen Apparat begangen wurden, und somit die Gemeinsamkeit des Schicksals der Menschen, deren Nachfahren heute das Oppelner Land bewohnen, aufzeigt.
Es ist wichtig, dass es zu dem Beschluss letztendlich kommt. Damit die Oberschlesische Tragödie zum Element eines gemeinsamen gesellschaftlichen Gedächtnisses wird und nicht nur eine insgeheim von den Oberschlesiern weitergegebene Familiengeschichte bleibt.
Tłum. Elf
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