Wer den Namen wegnimmt, raubt auch die Identität

Redakcja
Krzysztof Wysdak
Krzysztof Wysdak Krzysztof Świderski
Vom Prozess der Zwangspolonisierung von Vor- und Familiennamen in der Volksrepublik Polen spricht Krzysztof Wysdak, Vorstandsmitglied der Sozial-kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien.

- Was war die Ursache - in rechtlicher und psychologischer Dimension - der Zwangspolonisierung von deutsch oder nicht genug polnisch klingenden Vor- und Familiennamen der Bewohner Schlesiens in der Nachkriegszeit?
- Einerseits hatten diejenigen, die die Vornamen der autochthonen Bevölkerung in Schlesien geändert haben, die gleiche Motivation, wie diejenigen, die die Denkmäler aufgestellt haben. Es ging quasi um die Aneignung des öffentlichen Raumes, um das symbolische Zeigen, wem die Macht jetzt gehört und wer die besseren Karten hat. Andererseits war dieses Handeln nach Außen gerichtet. Wenn gesagt wurde, dass Polen in die wiedergewonnenen Gebiete zurückkehrt, musste auch belegt werden, dass Polen hier wirklich geblieben sind. Dies betraf nicht nur die Vor- und Familiennamen, sondern auch die Ortsnamen. Der nicht genug polnisch klingende Ortsname Prudnik (Neustadt) versuchte man, in Prądnik zu ändern, der Buchstabe “ą" ist dabei nur im polnischen Alphabet vorhanden. Nach der rechtlichen Grundlage für solche Maßnahmen wagte - zumal angesichts der Verifizierungsaktion in der Nachkriegszeit - niemand zu fragen. Und schon bestimmt nicht jene Menschen, die ein Angebot erhielten, das man nicht ablehnen konnte: Du darfst dein Haus und deinen Hof behalten, aber nur unter unseren Bedingungen, oder Du wirst zwangsweise hinter die Oder geschickt. Die Kräfte waren ungleich verteilt. Menschen, deren Vornamen oder Familiennamen geändert wurden, fehlte die Kenntnis der polnischen Behördensprache und oft auch das Gefühl, dass sich die Sieger auf irgendwelche Gesetze berufen müssen. Aus politischen und Propagandagründen wurden sie als reine Objekte behandelt.

- Ein Pole durfte - aus der Sicht der Propaganda - den Vornamen Alfred oder Berthold nicht tragen. Meinen Verwandten wurden sie geändert - Alfred auf Franciszek, Berthold auf Jan.
- Die Änderung der Vornamen erfolgte auch in weniger spektakulären Fällen. Ich kenne einen Fall, als ein scheinbar neutraler Vorname Eryk mit Stefan ersetzt wurde. Der Familienname Sonntag wurde in Niedziela umgewandelt. In einer niederschlesischen Stadt wurde die Weberstrasse (nach den schlesischen Webern benannt) in Chopinstrasse unbenannt.

- Vielleicht brachte ein Beamter den Namen Weber mit dem deutschen Musiker Carl Maria Weber in Verbindung und ersetzte ihn mit einem polnischen Komponisten.
- So war es wohl, es hing von den ersten Assoziationen ab. Ein Straßenname berührte jedoch keinen lebendigen Menschen mehr. Das Verbot, einen Vornamen zu gebrauchen aber schon. Noch in den 1970er Jahren erlaubte man nicht im Standesamt von Oppeln, ein Kind mit dem Vornamen Rita anzumelden. Die Tatsache, dass diesen Namen eine heute sehr populäre italienische Heilige trägt, zählte nicht. Jemand meinte, dass dieser Name zu deutsch sei und trug die Neugeborene unter dem Namen Maria ein. Die Frau hat bis heute diesen Vornamen im Personalausweis stehen und ist im öffentlichen Leben unter diesen Vornamen bekannt. Für die Familie und Freunde in ihrer Ortschaft war und blieb sie die Rita.

- Haben solche Namensänderungen bei den betroffenen Personen Abneigung gegenüber Polen hervorgerufen?
- Ich weiß nicht, ob die Folge Abneigung gegenüber dem polnischen Staat war. Mit Sicherheit rief die gewaltsame Polonisierung das Gefühl von Unrecht hervor. Der Raub des Namens, dessen Änderung, steht seit biblischen Zeiten als ein Symbol für das Verleihen einer neuen Identität. Das war eine Form einer symbolischen Gewalt. Dies geschah übrigens nicht nur ausschließlich in Polen und in der Nachkriegszeit. Die Nürnberger Gesetze machten zur Pflicht, einen zweiten Vornamen Menschen zu vergeben, die als Juden anerkannt wurden.

- Andererseits sind in der polnischen Geschichte Fälle bekannt, dass im Laufe der Jahrhunderte eine Familie ihre nationale Zugehörigkeit änderte, aber den Familiennamen behielt, weil dieser als ein Zeichen der Identität und kulturellen Kontinuität wertvoll war.
- Es genügt nur hervorragende polnische Gelehrte Karol Estreicher, Bogumił Linde, Tadeusz Manteuffel, den Sprachwissenschaftler und Dialektforscher (er beschäftigte sich auch mit den schlesischen Dialekten) Jan Niecislaw Ignacy Baudoin de Courtenay, die Juristen Edwarda Wende oder Tadeusz de Virion zu nennen. Keiner hat den nicht polnisch klingenden Familiennamen aufgegeben.

- Zwang kann nicht nur den Klang der Namen, sondern auch deren Schreibweise betreffen...
- In den 1960er und 1970er Jahren haben Siebenbürger Sachsen und Donauschwaben in Rumänien ihren Kindern gezielt deutsche Namen wie Wolfgang oder Berthold, die keine rumänische Entsprechung hatten, gegeben. Denn Johann wurde automatisch zu Jon, mit Berthold war die Sache schwieriger.

- Der Zwang, die Vornamen und Nachnamen ausschließlich in einem Alphabet und in einer Sprachversion festzuschreiben, kommt auch heute vor...
- Dies betrifft u.a. die Polen in Litauen, deren Vor- und Familiennamen obligatorisch litauisch aussehen und klingen sollen. Obwohl Litauen formell ein EU-Staat ist und dort auch die Rahmenkonvention zum Schutz der nationalen Minderheiten gilt.

- Sind ihnen heute im freien Polen Beispiele bekannt, dass man z.B. Eltern aus den Reihen der deutschen Minderheit verweigert hat, einen deutschen Namen zu registrieren?
- Eine solche Situation ist mir nicht bekannt. Es gilt ein neues Amtsregister von Vornamen. Doch auf Antrag der Eltern kann man die Schreibweise ändern, z.B. Claudia mit “C" statt Klaudia wie im Polnischen üblich zu schreiben und das unabhängig von dem Nationalgefühl der Eltern.

- Kehren wir in die Zeiten der Volksrepublik Polen zurück. Sind ihnen Beispiele vom erfolgreichen Widerstand gegen die Änderung des Vor- oder Familiennamens bekannt?
- Ich habe von solchen Fällen nicht gehört. Die Oberhand hatten preußische Eigenschaften, darunter der Respekt für das Recht. Übrigens waren die der Zwangspolonisierung unterzogenen Menschen nicht freie Handwerker oder Bauern. Das waren vor allem Industriearbeiter oder Bauern-Arbeiter. Für sie war es noch schwieriger Widerstand zu leisten, sie waren noch mehr von den Machthabern abhängig.

- Meine Familie hatte Glück. Der Name Ogiolda (unsere Vorfahren kamen im 13. Jahrhundert aus Spanien nach Schlesien) schien auch nicht genug polnisch zu sein. Man hat uns befohlen, den Namen in Ogiołda zu ändern. Es kam sogar zu einer Gerichtsverhandlung. Zum Glück ist meinem Vater eingefallen, dass der Vizemarschall des Sejms Stanisław Szwalbe hieß. Er fragte das Gericht, ob auch er seinen Namen in Szwałbe ändern wird. Der Richter lachte und hat nachgegeben. Unsere Familie hat den Namen beibehalten.
- Diese Geschichte ist insofern untypisch, da es zu einer Verhandlung vor Gericht - einem offiziellen Staatsorgan - kam. Die Chance, sich zu wehren, war damit größer. In der Verifizierungskommission hatte darüber oft ein Volkspolizist oder ein anderer Vertreter des Machtapparats entschieden. Dieser handelte oft willkürlich. Der Fall des ersten Landrates der Kreises Oppeln, Dr. Paweł Piechaczek, ist bekannt. Er war nur drei Monate im Amt. Ihm wurde vorgeworfen, dass er in der Verifizierungskommission zu sanft mit der einheimischen Bevölkerung umgegangen ist. Das war ein deutliches Signal für die anderen Kommissionen.

- Eine andere Möglichkeit, die symbolische Sphäre anzutasten, waren auch die Friedhöfe. Im oberschlesischen Industriegebiet, wo ich aufgewachsen bin, haben die Familien oft die deutschen Inschriften auf den Grabsteinen ausgemeißelt, um die Grabsteine vor dem Zerschlagen zu retten.
- Oder vor einer Zwangsausmeißelung, die auf Anordnung eines Beamten, aber auf die Kosten der Familie durchgeführt wurde. Das war das Ergebnis der berühmten Verordnung des Woiwoden Aleksander Zawadzki, der befahl, alle deutschen Inschriften zu vernichten. Sogar auf Haushaltsgegenständen. Es fällt schwer zu verstehen, dass genauso jüdische Grabdenkmäler, z.B. in Bielitz, verfälscht wurden. Es wurden sogar die Buchstaben geb. (für geboren - Anm. des Autors) ausgemeißelt und nur die Daten gelassen. Die Auflockerung des Zawadzki-Dekrets kam erst unter dem Einfluss der Ostpolen, die nach Schlesien umgesiedelt wurden. Sie wollten die Küchenbehälter mit den Aufschriften “Zucker" oder “Mehl" nicht wegschmeißen.

- In welchem Ausmaß kehren die Deutschen in Oberschlesien zu ihren alten Vor- oder Familiennamen zurück?
- Es fällt jemandem, dessen Schulzeugnisse und andere Dokumente samt Grundbüchern auf den veränderten Namen ausgestellt wurden, sicherlich schwer diese Entscheidung zu treffen. Das kostet Zeit und Geld. Doch viele Personen kehren, aus symbolischen Gründen, zu ihren Familiennamen zurück.

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