Die Minderheit hat gute Gründe 25 Jahre Deutsche Einheit zu feiern

Krzysztof Ogiolda
Krzysztof Ogiolda
Nach der deutschen Wiedervereinigung haben Polen und Deutschland den Grenz- und den Nachbarschaftsvertrag unterzeichnet. Diese haben unsere Rechte garantiert - sagt Bernard Gaida, Vorsitzender des Verbandes deutscher sozial-kultureller Gesellschaften in Polen (VdG).

Seit der Wiedervereinigung Deutschlands, dem 3.Oktober 1990, sind 25 Jahre vergangen. Ich kann mich nur noch schwach an diesen Tag erinnern. Wie haben Sie ihn in Erinnerung?

Ich kann mich an alles gut erinnern. Umso intensiver habe ich es erlebt, da ich mich in der Zeit der Volksrepublik Polen nicht politisch engagiert habe, ausgenommen mein Engagement in der Akademischen Seelsorge und bei den Studentenstreiks. Ich war allerdings bei der hl. Messe in Kreisau dabei. Auch bei den ersten, vollkommen demokratischen Kommunalwahlen habe ich mich stark engagiert. Das war der Anfang meines Wegs mit der deutschen Minderheit, also war alles, was sich auf der anderen Seite der Grenze abgespielt hat, wichtig für mich. Ich sog es in mich auf. Durch meine Teilnahme an der Messe in Kreisau nahm ich zugleich am Polenbesuch von Kanzler Kohl teil, der übrigens unterbrochen wurde, als die Mauer in Berlin gefallen ist. Wir erfreuten uns damals des Besitzes von Satellitenfernsehen, also habe ich mir die Ereignisse am Brandenburger Tor und das große Treffen vor dem Reichstag am 3. Oktober 1990 live angesehen. Ich spürte, ich nehme - wenn auch nicht aktiv - an einem großen historischen Ereignis teil. Denn die deutsche Wiedervereinigung bedeutete definitiv das Ende des Eisernen Vorhangs. Man konnte nicht mehr daran manipulieren. Der Sturz der Berliner Mauer allein hatte das noch nicht garantiert. Ich brach in Enthusiasmus aus. Ich verstand, dass Polen auch keinen anderen Weg als die Demokratie und die europäische Integration vor sich hat und wir hier an diesen Ereignissen teilhaben müssen.

Inwiefern hat die deutsche Wiedervereinigung den sich gerade bildenden Strukturen der deutschen Minderheit geholfen? Im Vorfeld, bei der hl. Messe in Kreisau, hat die deutsche Minderheit zum ersten Mal öffentlich und in gewissem Sinne offiziell gezeigt, dass sie existiert. Trug das vereinigte Deutschland dazu bei, dass man leichter die Stimme erheben konnte?

Das hat uns sehr geholfen und zwar auf mehreren Ebenen. Die Messe in Kreisau war tatsächlich die erste öffentliche Kundgebung der deutschen Minderheit. Schade, dass man über diesen Aspekt heute kaum noch spricht und fast ausschließlich die deutsch-polnische Versöhnung hervorhebt. Mit der deutschen Wiedervereinigung waren die deutsch-polnischen Verträge eng verbunden. Ich spreche sowohl vom Grenzvertrag als auch dem Nachbarschaftsvertrag. Beide hatten für das organisatorische Dasein der Minderheit eine große Bedeutung. Der Nachbarschaftsvertrag regelte geradezu das Recht der polnischen Bürger deutscher Nationalität darauf, sich zu organisieren und ihre nationale, sprachliche und kulturelle Identität zu pflegen. Das war de facto die Anerkennung der Minderheit mit allen Konsequenzen, obwohl die Minderheitenorganisationen formell auf dem Vereinsrecht basiert haben.

Inwieweit hat die deutsche Minderheit in Polen und im Oppelner Land in diesem Vierteljahrhundert den positiven Einfluss des geistigen Vaterlandes gemerkt?

Für mich ist diese emotionale und kulturelle Bindung unzertrennlich. Sie wurde in kurzer Zeit zum Glück durch die Kontakte zum deutschen Staat besiegelt. Da die Welt generell aus unzufriedenen Menschen besteht, können wir im System der politischen oder materiellen Unterstützung nach Lücken und Ungenauigkeiten suchen. Doch man muss gleichzeitig daran erinnern, dass die materielle Basis der organisatorischen Struktur der deutschen Minderheit mit der Unterstützung der deutschen Regierung geschaffen wurde. Diese Regierung hat klug alles dafür getan, damit die organisatorische Gründung der deutschen Minderheit bei einer ruhigen Einstellung seitens der Mehrheitsbevölkerung vonstatten geht. Bald entstand die Stiftung für Entwicklung Schlesiens, welche in den Bau der Infrastruktur investierte.

Bis heute erinnert man sich in den Reihen der deutschen Minderheit an die damaligen Gegensätze: was ist wichtiger, Abwasserrohr oder Kultur...?

Man konnte sich aufregen, dass das Geld in Abwasserrohre gesteckt wurde. Doch das geschah darum, damit die Infrastruktur der Minderheit und der Mehrheit dient. Die Caritasstationen und die medizinischen Geräte für die Krankenhäuser waren damals für alle vorgesehen. Die deutsche Regierung war der Meinung, dass die in Polen lebenden „Mitglieder“ ihrer Nation würdige Lebensbedingungen haben sollten. Dies bedeutete jedoch nicht, dass man ihnen große Geldsummen auszahlt. Man war der Ansicht, dass das Geld in Güter investiert werden muss, die Allen - der gesamten Bevölkerung des Gebietes, in dem die Minderheit lebt, - dienen werden.

Doch paradoxerweise hörte Deutschland auf, eine verbotene Frucht aus der Zeit der Volksrepublik Polen zu sein, als jede von dort mitgebrachte Plastiktüte mit Elementen der deutschen Fahne fast den Rang einer Reliquie hatte.

Damals hatte alles, was aus den Ländern hinter dem Eisernen Vorhang stammte, diesen Rang. Ich selbst habe Briefe an die kanadische Botschaft geschrieben und sie haben mir Prospekte mit Landschaften von Quebec zugeschickt. Binnen 25 Jahre ist das, was außergewöhnlich gewesen war, alltäglich geworden, doch das ist der Lauf der Dinge. Wenn wir Luft atmen, bemerken wir doch ihre Existenz auch nicht mehr. Den jungen Menschen von heute, die zum Studium oder zur Arbeit nach Deutschland fahren, ist es schwer zu erklären, was das für ein großer Wert ist. Die Weltoffenheit besteht nicht nur darin, dass die Grenze passierbar ist. Auch darin, dass wir wirklich dazugehören. Das sollte uns dazu motivieren, an dieser Kultur teilzuhaben. Damit ist es verschieden.

Der Aussiedlerbeauftragte der Bundesregierung Hartmut Koschyk beteuerte in der Jahrhunderthalle, dass die Minderheit auf die Unterstützung seiner Regierung bei den Gesprächen über Änderung der Bildungsstrategie...

Unterstützung ist ein weit gefasster Begriff. Bei den mühseligen Gesprächen mit der polnischen Regierung über Verbesserung dessen, was wir in der Bildung haben, spüren wir die Unterstützung. Ich habe manchmal den Eindruck, dass die polnische Regierung die Ansicht vertritt: Ihr habt Möglichkeiten, also nutzt sie. Die Schwierigkeiten, die auftauchen, werden unterschätzt. Seitens der deutschen Regierung sollte die Unterstützung in Sachen Bildung - außer der politischen Unterstützung - konkrete Rahmen bekommen. Das geschieht mit kleinen Schritten. Ich möchte an die Samstagskurse für Kinder oder deutsche Fußballschulen erinnern. Das Goethe-Institut engagiert sich immer stärker. Wir rechnen damit, dass die deutsche Unterstützung auch im Schulsystem immer präsenter wird.

Die Formen der Hilfe, von denen noch vor kurzem laut gesprochen wurde, sind schwächer geworden. Ich denke hier an die Übernahme und Anpassung deutscher Schulbücher oder an den „Import” von Lehrern aus der Bundesrepublik.

Wenn es um die Schulbücher geht, dauern die Bemühungen an, nur ist der Verwaltungsweg für deren Anerkennung in Polen sehr mühsam. Doch wir bleiben dran und ich denke, dass das Ergebnis positiv sein wird. Wir brauchen Lehrer, doch andere als früher, als es auch dem Markt keine Germanisten gab. Heute geht es um Fachlehrer, denn die zweisprachige Bildung und die Steigerung des Bildungsgrades erfordert dies. Auf dem Markt gibt es solche Lehrer nicht, weil solche in Polen nicht ausgebildet werden. Wir schauen in Richtung Deutschland und es wird im November ein Treffen zu diesem Thema mit Vertretern aller Bundesländer geben. Man muss jedoch bedenken, dass in Deutschland nun alle wegen der Flüchtlinge mobilisiert werden. Dies betrifft auch die Lehrer, weil man den Flüchtlingen die deutsche Sprache beibringen muss. Daher ist die Lage nicht einfach.

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