Die verborgene Identität in der Tillowitzer Porzellan

Krzysztof Ogiolda
Krzysztof Ogiolda
Krzysztof Ogiolda
Leidenschaft. Ryszard Wittke hat binnen acht Jahren zwei Tausend Porzellanexemplare gesammelt. Er träumt von der Gründung eines Museums, wo er das Erbe der Schlegelmilchs gerettet werden könnte.

Bis jetzt umfasst die Kollektion vom Herrn Wittke Exemplare aus den Jahren 1876-1940 und befindet sich in zwei Zimmern auf dem Dachboden.

Das Porzellan präsentiert sich in den geschmackvollen Regalen wunderbar. Man weiß nicht, wo man zuerst schauen soll - auf die bunten Porzellanservice: grüne, rote, blaue, oder auf die oben stehende und sehr wertvolle Tierfiguren aus Porzellan?

Vielleicht aber auf die heute vergessenen Gegenstände, wie den Porzellankasten mit Öffnungen für Haarspangen? Letztendlich richtet sich meine Aufmerksamkeit auf den eleganten grünen Service mit roten Blumen.

- Es ist ein Andenken an meine Oma, Hedwig Wittke, die in der Fabrik der Schlegelmilchs in Tillowitz gearbeitet hat - sagt Ryszard Wittke. Es ist ein Schokoladenservice, das Oma und Opa als Hochzeitsgeschenk vom Betriebspersonal bekommen haben.

Alles hat eben mit Oma Hedwigs Porzellanandenken angefangen, die sorgfältig verpackt in Kartons gelagert wurden. Doch noch vor acht Jahren zählte die ganze Sammlung nicht ganz einhundert Exemplare. Heute sind es mehr als zwei Tausend. Der Besitzer kennt, wie es sich für einen leidenschaftlichen Sammler gehört, die Geschichte jeden Tellers, jeder Vase und Pralinenkästchens, oder der eleganten Schokoladenschachtel.

- Dieser Teller für Konfitüre wurde aus Bromberg geschickt - sagt der Besitzer und nimmt das Schmuckstück mit 6-7 Zentimeter Durchmesser in die Hand. Und dieser nebenan kam aus Posen.

- Diese Vase wurde von einem Wagen überfahren - sagt Herr Wittke und nimmt ein beträchtliches Exemplar in die Hand. Wir haben es etappenweise zwei Wochen lang zusammengeklebt. Es sieht schön aus, nicht wahr?"

Man will kaum glauben, dass diese verzierte Vase aus quasi nutzlosen Scherben entstanden ist. Erst beim längeren Hinsehen erkennt man, dass einige kleine Bruchteile fehlen, deren Besitzer nicht auf dem Asphalt gefunden hat.

Nicht alle alte Schmuckstücke der Tillowitzer Porzellan haben so ein Glückt. Bevor Herr Wittke es erfahren konnte, wurde ein wertvolles Service von den Besitzern im Oppelner Stadtviertels Armii Krajowej in den Müll geworfen. Als er dahin kam stellte sich heraus, dass es von einer großen Höhe fiel und das Porzellan nicht mehr zu retten war.

Die Exemplare, die gerettet wurden verbergen die Geschichte der alten und späteren Besitzer.
- Das blaue Service, im chinesischen Stil, hat uns für ein paar Groschen eine alte, sehr kranke Frau, die im Dambonia-Stadtteil wohnte verkauft. Damit es nicht vernichtet wird. Wir sind ihr dafür sehr dankbar - sagt Ryszard Wittke.

- Vier Tierfiguren: eines Bären, eines Papageien, eines Wildhundes und eines Büffels hat mir die Nachbarin, Frau Maria versprochen, als ich als Kind zu ihr kam, um dort zu spielen. Wir haben sie vor kurzem in ein Hospiz gebracht. Man muss sein Wort halten, sagte sie. Nehmt die Figuren für eure Sammlung. Und nun sind sie wahre Schmuckstücke der Sammlung und haben wirklich einen beträchtlichen Wert - sie sind einige Tausend Zloty das Stück wert.

Wir appellieren an alle Oppelner, die vielleicht irgendwo auf dem Dachboden alte, vergessene Exemplare des Tillowitzer Porzellans haben. Verkauft sie, oder schenkt uns diese. Auch wenn sie beschädigt oder kaputt sind, werden sie restauriert und wieder ihren alten Glanz erhalten.

Herr Wittke träumt davon, dass in Tillowitz ein echtes Porzellanmuseum entsteht. Damit das Erbe der Frankenberger und Schlegelmilchs nie vergessen wird. Bisher freut er sich über das Versprechen des Museums in Neisse, welches noch in diesem Jahr seine Sammlung den Besuchern zeigen möchte.

- Das Sammeln dieser schönen Gegenstände dient auch dem Aufrechterhalten des Gedenkens an diese Personen, die zu deren Entstehung vor Jahrzehnten und Jahrhunderten beigetragen haben. Ich bin mir dessen bewusst, dass diese Sammlung das deutsche materielle Kulturerbe in Oberschlesien quasi dokumentiert, dass dieses Porzellan ein Teil der historischen Identität der gegenwärtigen Deutschen Minderheit darstellt - sagt Herr Wittke.

Der Besitzer der Sammlung steht, wie viele Bewohner des Oppelner Schlesiens, zu seiner deutschen Abstammung. Er hat zwei Pässe und spricht während unseres Gesprächs auch fließend Deutsch. In der Bundesrepublik wohnen seine Schwestern.

- Man muss dieses Bewusstsein ständig aufrechterhalten, ohne Beitrag der deutschen Familien, die hier die Porzellanfabrik gegründet haben, gäbe es Tillowitz in der heutigen Form nicht - erklärt Herr Wittke. - Gegen Ende Januar und Anfang Februar haben sich bei mir zwei Gruppen von Jugendlichen, die hier Winterferien verbringen, angemeldet.

Ich werde ihnen nicht nur das Porzellan zeigen. Ich werde sie in unsere Pfarrkirche führen, in das Schloß Tillowitz und zu den Grabstätten der Schlegelmilchs. Ich werde ihnen erzählen, wie das ehemalige Tillowitz aussah und funktionierte. Ich denke, dass wir etwa drei bis vier Stunden dafür brauchen, um die Strecke zu durchqueren.

Das älteste Exemplar in seiner Sammlung ist ein Teller aus dem Jahr 1873. Er wurde noch in der Fabrik der Familie Frankenberg hergestellt. Der nach alter Technologie angefertigter Teller erweist sich als sehr schwer, wenn man ihn in die Hand nimmt. Dieses Porzellan stammte - im Sinne von Technologie und Tradition - aus der herunterkommenden Proskauer Manufaktur. Im Jahr 1899 übernehmen die Fabrik Industrielle aus Suhl in Thüringen - die Familie Schlegelmilch. Sie bringen die Porzellanfabrik zum Wachstum. Seit dem Jahr 1910 arbeiteten hier bereits 600 Personen und unter ihnen die im Jahr 1896 geborene Oma Hedwig.

Aus dieser Zeit stammt - das ist ein absolutes Unikum - Schnurführung aus Porzellan, mit der man die Kirchenglocken in Gang gebracht hatte. Herr Wittke hat sie einst in der Kirche, hinter der Orgel gefunden.

In Tillowitz entstand Geschirr, welches für schlesische Restaurants gedacht war (ins Auge fallen beispielweise Teller mit der Aufschrift Paul Urban Chrosczütz). In die Sammlung gelang auch Geschirr, welches für den Arbeitsdienst gedacht waren und fürs Militär (sie tragen das Datum 1940 und sind mit dem Militärsadler versehen).

- Ich hätte diese Sammlung niemals alleine gesammelt - gesteht Ryszard Wittke. - Wir sind eine ganze Gruppe von Liebhabern des Tillowitzer Porzellans, auch außerhalb der Region.

Frau Rita Siemers aus Hamburg pflegt mit Herrn Wittke einen engen Kontakt. Wir telefonieren fast täglich oder schreiben Emails. Doch vor allem schickt sie Porzellanexemplare, die sie u.a. auf Flohmärkten in Deutschland ergattern kann.

- Es arbeiten auch Menschen von hier mit uns zusammen - Karina Niemiec, Przemysław Pryka aus Oberglogau, Mariola Karkowska und Zdzisław Drzazga aus Gleiwitz - sagt Herr Wittke. - Wir bekommen Geschirr sogar aus Kopenhagen. David Mullins schickt uns Porzellan aus den USA. Es ist eine wichtige Richtung, denn die Produkte aus Tillowitz wurden in die ganze Welt geschickt, nicht nur nach Frankreich oder Griechenland, aber auch in die Staaten und Neuseeland.

Vor ein paar Tagen habe ich dank dem Internet einen weiteren Porzellanliebhaber aus den vereinigten Staaten kennen gelernt, von dem dortigen Verein "Prussia". Und er hat bereits ein Päckchen mit Porzellan geschickt. Zusammen mit Freunden sammeln wir nicht nur Porzellan. Wir pflegen auch die Gräber der Schlegelmilchs.

Oft sind die ergatterten Exemplare Geschenke, doch einen großen Teil mussten wir kaufen. Der Besitzer des Porzellans (von Beruf Gartenarchitekt) ist arbeitslos. Er fährt zur Arbeit nach Deutschland (lieber) oder nach Holland (dort fühlt er sich nicht wohl).

Alles was ihm nach Bezahlung der dringendsten Ausgaben übrig bleibt, gibt er für den Ausbau seiner Sammlung aus.

- Befreundete Firmen aus Falkenberg, Weiderwitz und Lamsdorf unterstützen uns - sagt Wittke. - Um weitere Exemplare zu kaufen, sammeln wir und verkaufen Altmetall. Es ist etwas schade, dass wir mehr Unterstützung von Außen bekommen als vor Ort in Tillowitz. Etwas Verständnis für die multikulturelle Vergangenheit dieses Ortes fehlt. Es wurde nicht mal etwas aus dem Projekt der Benennung einer Strasse nach der Familie Schlegelmilch. Angeblich wäre ein solcher Name zu lang und zu schwer zum schreiben. Also blieb es bei dem Namen "Fabryczna". Aber ich gebe die Hoffnung noch nicht auf, dass wir das Gedenken an diese Familie in Tillowitz noch erleben werden.

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