Es lohnt sich, eine Minderheit in der Region zu haben

Sławomir Melnik
Professor Romuald Jończy
Professor Romuald Jończy Sławomir Melnik
Gespräch. Professor Romuald Jończy, Ökonomist von der Ökonomischen Universität in Breslau, der den Einfluss der Minderheit auf die wirtschaftliche Entwicklung der Region erforscht hat.

- Während der vom Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit organisierten Konferenz zum Thema Einfluss der Bevölkerung deutscher Abstammung und der organisierten deutschen Minderheit auf die wirtschaftlich-soziale Entwicklung der Region haben Sie Forschungsergebnisse vorgestellt, die Sie unter den Kommunalpolitikern durchgeführt haben. Daraus geht hervor, dass die positive Rolle der Minderheit auch viele Kommunalpolitiker aus der polnischen Mehrheit sehen. Ein Wunder der Versöhnung?
- Ich würde es nicht so sehen. Etwas anderes ist der positive Einfluss und etwas anderes Versöhnung, Verständnis und Akzeptanz. Kommunalpolitiker - von der Mehrheit und von der Minderheit - haben immer erwartet, dass die Minderheit eine Brücke in den Bereichen Wirtschaft, Investitionen und Bildung zwischen den Polen und den Deutschen bildet. Diese Rolle sehen sie positiv, wobei mit der Ansicht, dass es noch mehr in dieser Richtung gemacht werden könnte. Aufbauend ist, dass Kommunalpolitiker aus beiden Gruppen diese Aktivitätsbereiche für wichtig halten. Wir haben bereits erreicht, dass wir uns objektiv, gleich beurteilen können. Sofern die Tatsache der positiven Betrachtung der Rolle der Minderheit mich nicht überrascht hatte, ist die Dominanz von guten Bewertungen eine Überraschung. Es stellt sich heraus, dass Kommunalpolitiker Andersartigkeit als eine Bereicherung sehen. Nicht alle Minderheiten werden so betrachtet. Romas in der Slowakei oder die Basken in Spanien werden eher mit Problemen in Verbindung gebracht. Dies betrifft auch den Bereich der Wirtschaft.

- Wozu haben Sie überhaupt die Forschungen zum Thema Einfluss der Bevölkerung deutscher Abstammung auf die Region durchgeführt?
- Sie sollten die ethnische Andersartigkeit der Woiwodschaft erfassen. Es war ein Versuch festzustellen, wie sich diese Andersartigkeit auf die Region ausgewirkt hat. Wie würde Oppelner Schlesien aussehen, wenn es hier gar keine Oberschlesier gäbe oder wenn sie die gleichen Rechte hätten und sich so wie der Rest der Bevölkerung verhalten würden.

- Womit zeichnet sich der positive Einfluss der Minderheit auf die Wirtschaft Oppelner Schlesiens am meisten aus?
- Vor allem sind zu uns riesige Geldsummen - mehr als ein Dutzend Milliarden Zloty- welche mit der Arbeitsmigration der autochthonen Bevölkerung im Ausland verbunden sind, geflossen. Denken wir daran, dass dieses Geld niemals hier gelandet wäre, wenn die Oberschlesier sich nicht zum Deutschtum bekannt hätten. Dieser Einfluss war sogar mehr als heute in den 1990er Jahren zu spüren. Damals hatte dieses Geld riesige Erwerbskraft. Die Möglichkeit, welche der doppelte Pass und die Auslandsarbeit geboten haben, fiel mit der Transformation der Staatsform zusammen. Ehemalige Arbeiter, welche wegen Arbeit ins Ausland gingen, haben ihren Lebensstandard erhöht, Häuser gebaut und haben zugleich den Arbeitsmarkt entlastet und die Konjunktur angetrieben. Man kann das bildlich so erklären: ein Arbeitsmigrant hat einen Arbeitsplatz frei gemacht und weitere 1,5-2 Personen konnten dank den Geldern, welche die erste Person hier brachte und ausgeben wollte, beschäftigt werden.

- Wer hat am meisten davon profitiert?
- Den Gewinn hat nicht allzu stark die lokale Bevölkerung oder die Region zu spüren bekommen. Diese Gelder wurden für Produkte ausgegeben, die oft in anderen Regionen Polens erworben wurden. Hier gab es nicht allzu viele Möglichkeiten das Geld auszugeben. Also hat von der Arbeitsmigration mehr das Land als die Region profitiert. Die zweite Dissonanz war darauf zurückzuführen, dass Arbeitsemigranten mehr Steuer in Polen bezahlt haben, als Menschen, die hierzulande ihren Wohnsitz hatten. Dadurch, dass sie viel mehr Sachen gekauft haben, bezahlten sie hier mehr Mehrwertsteuer. Dieses Geld floss in die Staatskasse, aber die Haushalte in den Gemeinden hatten daraus kein Profit gemacht. Die Gemeinden haben so Verluste gemacht, weil die gleichen Personen, indem sie hier nicht vor Ort gearbeitet haben, keine Einkommensteuer bezahlten haben. Die Stadt Oppeln hat beispielsweise profitiert, weil deren Einwohner nicht ausgewandert sind, aber hier die Arbeitsmigranten ihr Geld für Einkäufe ausgegeben haben.

- Sollten unsere Kommunalpolitiker irgendeinen Schadensersatz in Warschau fordern?
- Solche Versuche wurden bereits unternommen. Sie sollten auf jeden Fall wiederholt werden, denn auch Polesche und Kleinpolen betrifft dieses Phänomen. Es sind Gebiete, wo die Zahl der Arbeitsmigranten überdurchschnittlich ist (obwohl es keine Verbindung mit der deutschen Minderheit gibt). Es lohnt sich zu bemerken, dass es zu großen Migrationsbewegungen in Randgebieten kommt, die deswegen sekundär marginalisiert werden. Weil dort weniger Geld bleibt. Daher die Notwendigkeit irgendeines steuerlichen Ausgleichs. Welche Form diese Genugtuung haben soll, sollte das Parlament entscheiden. Alleine die Tatsache des Ausgleichs dort, wo von der Aktivität eines Teils der Bevölkerung das ganze Land profitiert und die Region verloren hat, ist einfach auf das gesunde Menschenverstand zurückzuführen.

- Der positive Einfluss der Minderheit in der Region spiegelte sich in den Summen wieder, die in die Region über die Caritas, die Stiftung für Entwicklung Schlesiens und durch die höhere Subvention für den muttersprachlichen Deutschunterricht aus dem polnischen Budget in die Region geflossen sind.
- Es waren und sind insgesamt große Geldsummen. Alleine die medizinische Ausstattung, welche mithilfe der Caritas in die Region gelang, war Millionen DM wert. Die Spuren davon sind noch bis heute sichtbar. Vor kurzem lag ich im Krankenhaus unter einer Decke der Bundeswehr und auf einem Bett aus dem militärischen Krankenhaus in Kiel. Die Ausstattung, welche Anfang der 1990er in Zeiten einer damals herrschenden Armut zu uns kam war von enormer Bedeutung. Das traurige Paradox dabei besteht darin, dass die Bevölkerung deutscher Abstammung selbst aufgehört hat, sich mit diesen Tatsachen und Verdiensten zu beschäftigen. Das beweist u.a. die geringe Zahl von Konferenzen zu diesem Thema, obwohl es sehr viele Kommunalpolitiker von der deutschen Minderheit gab. Die Schulen, welche Deutschunterricht und moderne Lernmethoden bieten, besuchen lieber Oppelner, die keine Verbindung zum Deutschtum haben, weil sie darin eine Zukunftschance sehen. Trotz Auslandskontakten und dem Fortschritt zeigt ein Teil der Oberschlesier eine gewisse Trägheit und Kurzsichtigkeit, wenn sie in der Perspektive keinen materiellen Profit sehen.

- Während der Konferenz wurde auch daran erinnert, dass im Moment des EU Beitritts Polens in den von der Minderheit bewohnten Gemeinden die Arbeitslosigkeit drei bis vier Mal geringer war als in dem sogenannten westlichen “polnischen" Halbmond. Und auch heute zieht der östliche Teil der Region ausländische Investoren viel mehr an.
- Forschungen dazu hat Katarzyna Łukaniszyn-Domaszewska präsentiert. Besonders positiv ist die Tatsache, dass Gesellschaften mit deutschem Kapital sich in Randgemeinden niederlassen, in Gebieten, die sonst keine Investoren gewinnen würden. Viele diese Unternehmen begannen mit Anlegen von gewöhnlichem Gewerbe. Mit einer Schreinerei, die sich mit der Zeit zu einer Gesellschaft entwickelte, die Möbel produziert.

- Spiegeln sich diese allen positiven sozialen und ökonomischen Aspekte in der “Strategie der Entwicklung der Woiwodschaft" wieder?
- Einer von den Impulsen, die mich dazu bewegt haben diese Forschungen durchzuführen ist eben die Tatsache, dass ich das Gefühl hatte, dass in der ehemaligen und jetzigen Strategie das Kapital, welches die schlesische Bevölkerung und die deutsche Minderheit nicht nur nicht genutzt wird, aber auch ausreichend hervorgehoben wurde. Über die Unterschätzung der starken Bindung zur Region, über die Absicht in Oppeln zu studieren und zu wohnen.

- Sie haben bei der Konferenz daran erinnert, dass Abiturienten aus dem von der Minderheit bewohnten Teil der Region öfters als andere erklären, dass sie in der Heimat studieren möchten und danach hier bleiben möchten.
- Die Jugend aus der Minderheit ist tatsächlich stärker mit der Region als andere junge Leute verbunden. Eine starke regionale Verbindung auf Landesebene ist auch auf die deutsche Kultur zurückzuführen, die hier jahrelang vertreten war. In dieser Ausgabe des Patriotismus ist eine Verbindung zu der kleinen Heimat, zum lokalen Erfolg primär im Verhältnis zu der großen Heimat. Daher möchten junge Autochthone mehr in der eigenen Heimat sein. Sie sind an anderen Regionen Polens nicht so interessiert. Sie sind eher bereit ins Ausland zu gehen, wenn sie hier Zuhause sind.

- Die Auswanderung hat nicht nur positive Folgen. Ich denke nicht nur an die besonders schmerzhafte Krise der Familie. Seit Ende der 1970er Jahren haben sich unsere Dörfer entvölkert. Die Arbeitsmigranten sind nach dem Beitritt Polens in die EU weniger bereit aus dem Westen zurückzukehren.
- Als in den 1990er Jahren die Schlesier wegen Arbeit ins Ausland gefahren sind, hat sich diese Arbeit finanziell sehr, sehr gelohnt. Man konnte recht schnell ein Haus aufbauen und es einrichten. Öfters haben diese Arbeit ältere Männer, die Kinder und eine Familie hatten, angenommen. Sie wollten hier zurückkehren, zumindest das Geld hierher bringen. Nach dem EU Beitritt ist die Arbeitsmigration auch in der polnischen Mehrheit verbreitet - jüngere Personen mit einer besseren Ausbildung und mit Englischkenntnissen sind diesen Weg gegangen. Um zu etwas zu kommen muss man nun im Westen länger bleiben, weil die Währungskurse, Löhne und Preise ganz anders sind. Wenn die Arbeitsmigranten hier kein Haus und keine Chancen auf eine langfristige Anstellung haben, ist diese Migration eher endgültig. Die Migration der polnischen Bevölkerung erfolgte zudem aus eher schlechter entwickelten Gebieten, die eine schlechtere Infrastruktur und einen schwächeren Arbeitsmarkt haben. Das hat auch dazu geführt, dass die Tendenzen zur Rückkehr kleiner sind.

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