Ich mache mir Sorgen um die Zukunft der deutschen Minderheit

Krzysztof Ogiolda
Krzysztof Ogiolda
Gespräch. Joanna Hassa, Vorstandsvorsitzende des Bundes der Jugend der Deutschen Minderheit

- Was bedeutet es eine junge Deutsche in Polen zu sein? Ist es ein Grund stolz darauf zu sein, ist es merkwürdig oder eher peinlich?
- Es ist noch etwas ganz anderes - nämlich eine Herausforderung. Wir verspüren dies vor allem auf verschiedenen Internetportalen. Für viele Internetznutzer ist Deutsche zu sein überhaupt nicht annehmbar oder eben höchst peinlich. Wir werden jeden Tag damit konfrontiert, dass die deutsche Sprache ausgelacht wird. Daher ist es eine Herausforderung, sich solcher Denkweise zu widersetzen. Auch irgendwo tief in uns. Damit man trotz allem sagen kann: Ja, ich bin Deutsche und das unterscheidet mich von anderen.

- Übertreiben Sie nicht? Wer hat Sie aus dem Grund, dass Sie Deutsche sind ausgelacht?
- Mich persönlich hat vielleicht keiner ausgelacht. In dem Sinne halt, dass niemand geschrieben hat, dass Asia Hassa komisch ist, weil sie sich als Deutsche fühlt. Doch Texte, welche Deutsche und die deutsche Sprache bloßstellen sind an der Tagesordnung, oft im unscheinbaren Kontext. Zum Beispiel schreibt jemand im Internet, wie das Wort Schmetterling in verschiedenen Sprachen klingt. Und bei der deutschen Entsprechung fügt dann dieser jemand hinzu, dass es wie ein Schuss aus dem Gewehr klingt. Damit beruft er sich doch auf das Vorurteil gegen die Deutschen als Militaristen.

- Hindert es Menschen Ihrer Generation sich zum Deutschtum zu bekennen aufgrund der Taten die die Deutschen in Polen während des Krieges vollbracht haben?
- In der Schule hatte ich keine Probleme damit. Seit der fünften Klasse besuchte ich zweisprachige Schulen. Ich musste mich nicht entscheiden, wer ich bin, aber es war offensichtlich, obwohl darüber nicht gesprochen wurde, dass in diesen Kreisen auch Jugendliche aus der deutschen Minderheit waren. Doch diese Vergangenheit lastet schwer auf uns. Nicht im Sinne unseres Bewusstseins. Diese Vergangenheit wird uns, vor allem im Netz, vorgehalten. Obwohl 67 Jahre seit dem Krieg vergangen sind, die deutsche Minderheit legal wirkt, und Polen und Deutsche im gemeinsamen Europa sind, erlaubt man uns nicht zu vergessen, wer damals Deutsche für Polen waren. Der Verbrechen wird man vielleicht nicht beschuldigt. Wir lesen eher: Was habt ihr Deutsche in Polen zu suchen? Geht nach Hause zurück! Keiner hält euch davon ab.

- Treffen Sie auf Abneigung nur im Netz oder auch im wirklichen Leben?
- Im Netz gibt es mehr solchen Reaktionen. Meine Kommilitonen in Oppeln haben akzeptiert, dass ich bei der deutschen Minderheit aktiv bin und es wird nicht kommentiert. Ich habe nun ein weiteres Studium, in Breslau im Bereich Computergraphik, angefangen und habe sofort gesagt, dass ich Mitglied des BJDM bin. Es wurde nicht negativ angenommen. Vielleicht, weil wir auch deutsche Lehrer haben. Hier im Oppelner Schlesien, wo ich lebe, fühle ich mich wegen meines Deutschseins nicht bedroht. Vielleicht mit einer Ausnahme, als in unserer Anwesenheit der Sitz der SKGD von Vandalen geschändet wurde. Aber ich bin überzeugt davon, dass Menschen, die bereit sind unsere Begegnungsstätten anzugreifen eine absolute Nische bilden. Meistens wurden wir hier in der Region akzeptiert. Und zumindest sind wir für Menschen aus unserer Umgebung gleichgültig.

- Wieso werden dann, sobald in einer Gemeinde zweisprachige Ortsschilder aufgestellt werden diese schleunigst beschmiert, eher sie eingeweiht werden?
- Weil Akzeptanz Zeit bedarf. In unserer Gemeinde stehen die Ortsschilder seit 2008. Und damals wurden sie auch beschmiert und geschändet. Nun rufen sie keine Emotionen und Aggression mehr hervor. Die Menschen haben sich daran gewöhnt. Ich denke, dass es keinen gesellschaftlichen Widerstand gegen die Tafeln gibt. Sie werden von Fanatikern zerstört, die eine ständige Abneigung gegen Deutsche haben und keine Argumente annehmen, dass uns die zweisprachigen Ortsschilder positiv von anderen Regionen unterscheiden. Aber das sind einzelne Personen.

- Haben Sie also keine Angst?
- Wenn ich vor etwas Angst habe, dann ist es die Angst, dass es in einigen dutzend oder zig Jahren keine deutsche Minderheit in Schlesien und auch in Polen geben wird. Ich beobachte das in meinem Dorf. Der Anteil der zugezogenen Bevölkerung aus der Mehrheit wächst ständig. Die deutsche Bevölkerung, oder die schlesische überhaupt schwindet immer mehr. Und das ruft Besorgnis hervor.
- Wie wird die deutsche Minderheit in sagen wir mal 25 Jahren aussehen?
- Ich denke, dass in Schlesien Menschen deutscher Abstammung leben werden, die die Sprache beherrschen und sich zu ihren Wurzeln bekennen werden. Ich bin mir nicht sicher, ob es eine organisierte deutsche Minderheit geben wird.

- Wenn man sich die Mitgliederzahl des BJDM anschaut fällt es wirklich schwer Optimist zu sein. Es sind höchstens ein paar hundert oder sogar ein paar dutzend engagierte Deutsche.

- Aktive Menschen, die ständig bereit sind etwas Interessantes im Kreis der deutschen Minderheit zu machen gibt es tatsächlich nicht viele. Vielleicht ein Dutzend Menschen. Eine durchaus größere Gruppe bilden jene, die sich als Deutsche fühlen, aber einfach keinen Grund haben es zu äußern, indem sie an einem oder anderen Projekt teilnehmen. Sie halten zu den anderen, gehören zu dieser Gemeinschaft, doch sie wollen sich weder gesellschaftlich noch politisch engagieren.

- Was ist heute die größte Konkurrenz für die deutsche Identität: Assimilation aufgrund von interessanten und expansiven polnischen Kultur; in den letzten Jahren wachgerüttelte schlesische und regionale oder gar nationale Identität oder ganz im Gegenteil ein europäisches Bewusstsein?
- Ich fürchte, dass die Zukunft der Minderheit am meisten davon bedroht ist, dass viele, insbesondere junge Menschen die Bindung zu einer anderen gesellschaftlichen Gruppe fühlen und das Bedürfnis nach Identität überhaupt nicht verspüren. Das betrifft nicht nur die Bindung zur deutschen Minderheit. Die Menschen werden immer mehr zu Einzelgänger, sie machen ihr Ding und machen sich dabei keine Gedanken darum, wer sie sind und woher sie kommen. Ihnen reicht dass Bewusstsein aus, dass sie hier leben und ihr Leben genießen können. Sie machen sich keine Gedanken darüber, ob sie Polen, Deutsche oder Europäer sind. Das ist eine ernsthafte Konkurrenz zu uns.

- Und was ist mit der Emigration?
- Sie ist ein Auslöser der Globalisierung und eine weitere Gefahr. Immer mehr Menschen, manchmal sogar ich denke mir: Ich werde mal für ein halbes Jahr verreisen. Und dann komme ich zurück und ziehe noch einmal irgendwo anders hin. Ein solcher Lebensstil bringt eher davon ab, sich darüber Gedenken zu machen, dass meine Heimat im Oppelner Schlesien, Krakau oder vielleicht Lodz ist.

- Die Bevölkerungszahl in unserer Region sinkt rapide...
- Das stimmt. Aber die Zahl der Menschen weltweit ist mit 6 Milliarden noch nie so hoch gewesen. Also wird es wohl früher oder später zu einer Emigrationswelle kommen und die fehlende Menschenzahl kann ausgeglichen werden. Doch wenn sich ein solches Szenario bestätigt, dann wird es noch schwieriger sein das Bewusstsein der Minderheit aufrechtzuerhalten. Andererseits gibt es in Europa nationale Minderheiten, die auch wenn sie nur dreihundert Menschen zählen an ihrer Identität festhalten. Also sind die Zahlen allein nicht ausschlaggebend.

- BJDM wird manchmal mit der Vereinigung Sozialistischer Jugend verglichen, die es in der Volksrepublik Polen gab. Dort wurde der Nachwuchs, die Aktivisten geschult...
- Das regt mich nicht auf, weil es einfach nicht stimmt. Wir geben jungen Menschen die Möglichkeit zur eigenen Entwicklung. Dabei bauen sie die Verbindung zur deutschen Minderheit auf. Und wenn Menschen in uns den Nachwuchs für die Kader sehen, dann heißt es, dass wir eine Marke haben.

- Verspüren sie eine Verbindung zu jungen Deutschen, die in der Bundesrepublik leben?
- Ja und nein. Ja, weil wir die gleiche Sprache sprechen. Wir lesen ähnliche Bücher, sehen uns die gleichen Filme an und hören ähnliche Musik. Uns unterscheidet die Tatsache, dass wir in Polen leben und wir immer noch andere Entwicklungsmöglichkeiten und anderen gesellschaftlichen Status haben. Auch auf dem Arbeitsmarkt. Dort verhilft einem jungen Menschen ein Berater dabei die geeignete Beschäftigung zu finden. Bei uns wird ein solcher junger Mensch zu einem Schaukasten geschickt, wo alle Angebote ausgehängt sind und er sie lesen kann. Und danach wird er ins Arbeitslosenregister eingetragen. Das ist wirklich ein erheblicher Unterschied.

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