Wir wählen von der Identität das aus, was einfach ist

Redakcja
Krzysztof Świderski
Gespräch. Wenn jemand sagt: Wozu fahre ich zum St. Annaberg, ich war doch bereits dort, dann zeigt es einen falsch begriffenen Pragmatismus - sagt Pfr. dr Piotr Tarliński.

- Wie jedes Jahr haben Sie als Minderheitenseelsorger Deutsche und Romas am ersten Junisonntag auf den Sankt Annaberg eingeladen...
- Wir treffen uns zu der Wallfahrt, um zu unterstreichen, dass die nationalen und ethnischen Minderheten ein wichtiges Element, auch im Kirchenleben sind. Im Programm, im Rahmen der Vorbereitungen auf den Gottesdienst, möchten wir an Joseph von Eichendorff erinnern (es wird auch der Chor "Cantate" aus Pawlowitz singen). Wir werden auch die religiösen Gesänge der Romas hören und neue Lieder für die Messe einüben. Jedes Jahr bemühen wir uns diesen Gesangsschatz in deutscher Sprache zu erweitern und verbreiten. Die heilige Messe wird von Erzbischof Alfons Nossol zelebriert. Amtierender Bischof Andrzej Czaja wird ebenfalls anwesend sein.

- Es gibt etwa 50 Tausend SKGD-Mitglieder, die ihre Mitgliedsbeiträge zahlen. Zur Minderheitenwallfahrt kommen in letzter Zeit etwa zwei Tausend Personen. Deprimiert Sie diese Zahl nicht?
- Angesichts der verteilten Hostien schwankte die Pilgerzahl zwischen 3200-3500 Tausend.

- Damit würde ich mich nicht trösten, bis zu den 50.000 Mitglieder ist der Weg immer noch sehr weit.
- Ich tröste mich auch nicht. Ich betrachte die Zahl der 5000 Gläubiger optimistisch, weil wir eine gewisse Belebung beobachten. Vor ein paar Jahren gab es tatsächlich 2000 Pilger, in einem Jahr sogar nur 1800. Immer mehr Kinder und Jugendliche nehmen an der Gestaltung des Gottesdienstes teil. Vor drei Jahren zählte das Orchester 18 Personen, heute 110 - vor allem junge Menschen - unentgeltlich spielende Musiker. Wir haben mit einer Gruppe "Solaris" von der Zweisprachigen Schule in Solarnia angefangen. Nun werden im Kinder- und Jugendchor weitere einhundert singen. Für mich ist dieses Glas halbvoll und es kommt neue Substanz hinzu. Dass es viel mehr Teilnehmer geben könnte und sollte, ist eine andere Sache. Ich habe oft gehört: Wozu fahre ich zum St. Annaberg, ich war dort doch so oft, auf dem Kalvarieberg, bei der Männerwallfahrt oder Wallfahrt der Taubenzüchter. Das ist ein falsch begriffener Pragmatismus. Am 2. Juni werden wir uns auf dem St. Annaberg treffen, um die Zugehörigkeit zur Minderheit und Einigkeit mit Glauben zum Ausdruck zu geben. Damit knüpfen wir an das Motto der Wallfahrt: "Schöpft aus dem Glauben - gestaltet das Leben".

- Wie beurteilen Sie, Herr Pfarrer den derzeitigen Bedarf am Sonntagsgottesdiensten in deutscher Sprache in den Pfarrgemeinden?
- Die Lage ist interessant geworden. Diese Messen werden vor allem von der älteren Generation besucht. Die mittlere Generation, welche die deutsche Sprache kaum oder gar nicht beherrscht, geht in den polnischen Gottesdienst. In letzter Zeit ist zumindest in einem Teil der Pfarrgemeinden die Zahl der Besucher aus der Generation der Kinder und Jugendlichen leicht gestiegen. Es gibt eine gewisse Renaissance. Im Herbst vergangenen Jahres haben wir Kurse für Lektoren und Kirchenmusiker durchgeführt, damit es am Altar beim deutschen Gottesdienst, so wenig zufällige Personen, wie möglich gibt. Es zeigte sich eine wunderbare Gruppe von jungen Leuten, von etwa 120 Personen. Der Bedarf besteht und die Pfarrer nehmen die von der Minderheitenseelsorge angebotene Hilfe wahr. Denn die Seelsorge ist vor allem die Sache des Pfarrers und der Pfarrgemeinde. Der Rat der Minderheitenseelsorge wird nicht alles erledigen. Doch der Rat arbeitet gerade an Dokument. Wir werden daran erinnern, dass die Messen "in der Sprache des Herzens" stattfinden sollen und das zu einer für die Gläubigen günstigen Zeit. Die Vorbereitung und die Teilnahme müssen lokal geregelt werden.

- Vieles hängt vom Engagement der DFK Ortsgruppen.
- Ich würde nicht alles auf den DFK reduzieren. Nicht alle, die sich mit der deutschen Kultur verbunden fühlen, gehören den Ortsgruppen an. Ich richte einen Appel um Teilnahme an alle, auch jene, die dem Verein nicht gehören. Wir können die Tatsache nicht auslassen, dass das Fehlen einer entschiedenen gesellschaftlichen Zustimmung für das Schulwesen in deutscher Sprache, zur Erziehung in dieser Sprache für Unruhe in den Köpfen und Herzen der Minderheit sorgt.

- Übertreiben wir nicht. Zuletzt wurde eine Schule für nicht zweisprachig erklärt und zwar nicht wegen Mangel der Akzeptanz seitens der Mehrheit, sondern wegen geringem Interesse der Minderheit.
- Um zweisprachige Bildungseinrichtungen dauern immer irgendwelche Kämpfe und Querellen. Auf unserem Gebiet müssen sich Leute finden, die sich der zweisprachigen Bildung kompetent als einem Element der Kultur und Identität annehmen. Im Klima von ständigen Streit verstecken sich die Menschen unterbewusst. Manche Sachen müssen natürlich werden. Am Kurs der Lektoren, von dem ich sprach, haben nicht nur Kinder von Aktivisten der deutschen Minderheit teilgenommen. Die Teilnehmer konnten Deutsch, aber viele stammten aus Familien mit polnischen Wurzeln. Die Ortsgruppen müssen sich auf solche Menschen öffnen. Offene Haltungen sind auf allen Seiten nötig. Sie erlauben die Zweisprachigkeit zu akzeptieren. Ich muss nichts verraten - weder die deutsche, noch die polnische Kultur - um zweisprachig zu sein. Die Offenheit gegenüber der deutschen Sprache garantiert Entwicklung. Die deutschsprachigen Länder liegen uns nahe, in der Nachbarschaft. Deutsch ist nützlich, auch auf dem Arbeitsmarkt. Englisch...

- ...unentbehrlich in der heutigen Welt wie ein Personalausweis...
- ...er verlagert uns jedoch weiter - Richtung England, Irland, hinter den Ozean in die Staaten.

- Die Grundform der Minderheitenseelsorge sind Gottesdienste in der deutschen Sprache. Warum gibt es überhaupt keine Katechese in der deutschen Sprache - auch in Form von einem Pilotprojekt, irgendwelchen "Samstagsschulen"?
- Das ist nicht einfach. Es bedürfe eine große Mobilisierung der Eltern, damit eine solche Katechese in den Schulen stattfinden könnte.

- Das wäre ein riesiger organisatorischer Aufwand. Doch um sich ein Mal im Monat bei der Pfarrgemeinde zu treffen, braucht man nur den guten Willen.
- Das ist auch die Richtung, welche in dem Dokument von dem ich gesprochen habe, die Rede ist. Solche Treffen könnten beispielweise einen Teil des Sonntags füllen. Die Kinder würden die Vorbereitung auf die Liturgie bekommen, Gebete und die religiöse Sprache kennenlernen. Die Fähigkeit diese Begriffe zu verstehen können wir im Sprachkurs nicht beibringen.

- Wer soll diesen Unterricht leiten? Ein Pfarrer, Religionslehrer, DFK Aktivist, der ein bewusster Christ ist?
- Ich denke, dass wir endlos zusätzliche Aufgaben auf die Pfarrer schieben. Man muss entsprechende Menschen finden und für sie Vorbereitungskurse durchführen. Zuerst werden Leute gebraucht, die diese Leiter schulen werden. Das schafft man nicht von heute auf morgen.

- Warum von heute auf morgen, wenn die Minderheit bereits seit 20 Jahren in Freiheit funktioniert?
- Und es wurde viel gemacht. Wir haben Gebetsbücher, Orgelbücher, Gesangsbücher und Infomaterial usw. Aber um die Katechese in deutscher Sprache hat man sich nicht bemüht, es liegt also vor uns.

- Vielleicht liegt das Problem am fehlenden Druck von unten? Weder die Religionslehrerin, noch der SKGD Aktivist bekommen zu hören, dass jemand Katechese auf Deutsch möchte.
- Das ist eine offene Frage. Sich verschließen mit der Identität, die wir beobachten, wird oft dadurch ausgedrückt, dass wir Sympathie haben für die deutsche Kultur und sich mit ihr verbunden fühlen, aber drücken dies nach Außen nicht aus. Auch darum, weil wir uns nicht sonderlich Mühe geben wollen. Das ist in vielerlei Aktivität sichtbar. Es gibt keine Scharr von engagierten weltlichen Pfarrkinder in der polnischsprachigen Seelsorge, sie fehlen in der Minderheitenseelsorge. Von der Identität und dem religiösen Leben wählen wir das aus, was einfach ist - Feierlichkeiten und Zeremonien. Was Mühe und Engagement bedarf, lassen wir beiseite. Es ist kein Zufall, dass Papst Benedikt das Jahr des Glaubens ausgerufen hat. Ohne Glauben ist es schwer, die menschliche Identität aufzubauen. Auch die polnische, deutsche und die Identität der Romas.

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